Peter Josef Rottmann

Biographie Dr. Achim Baumgarten

Als zu Beginn der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts ein unbekannter Geselle bei dem angesehenen Simmerner Buchbinder Johann Wolfgang Franz Richter anklopfte und bat, einige Wochen seiner Gesellenwanderungszeit bei ihm verbringen zu dürfen, konnte niemand ahnen, welch große Bedeutung dieser Mann einmal für die Simmerner Stadtgeschichte haben sollte, und erst recht nicht, welche noch größere Bedeutung und Berühmtheit einmal sein einziger Sohn aus zweiter Ehe erringen würde.

Dieser Geselle war der 1767 in Kronach geborene Johann Lorenz Rottmann. Er zog nun nicht mehr weiter, sondern blieb dauerhaft bei der Familie Richter, was auf eine große Zufriedenheit des Meisters mit seinem neuen Mitarbeiter schließen lässt. 1786 starb Buchbinder Richter, und zwei Jahre später heiratete Lorenz Rottmann dessen Witwe Maria Wilhelmina geb. Apel, die 20 Jahre älter war als er. Drei Kinder gingen aus der Ehe hervor: Ignatz Joseph Friedrich (1791-1833), der Königlicher Domänen-Rentmeister in Ehrenbreitstein wurde, Carl Joseph (1792-1840), der ledig blieb und in Simmern lebte, und Maria Josepha, die 1796 noch am Tage ihrer Geburt starb. Nur wenige Monate später, im November 1796, starb auch Maria Wilhelmina Rottmann, und Lorenz Rottmann heiratete im Februar 1798 zum zweiten Mal. Seine zweite Frau Rosina Margarethe geb. Koch war lutherischer Religion, während er selbst katholisch war. Solche konfessionsübergreifenden Heiraten waren in dieser Zeit selten und zeugen von einer großen religiösen Toleranz.

Lorenz Rottmann war inzwischen in Simmern ein achtbarer Mann geworden. Schon 1788 war er in den Stadtrat aufgenommen worden, eine hohe Auszeichnung, denn der Stadtrat wurde nicht von der Bevölkerung gewählt, sondern bestimmte beim Ausscheiden eines seiner Mitglieder selbst, wer neu aufgenommen werden sollte. 1789 hatte er die Amtsbotenstelle übernommen, sein erstes öffentliches Amt. Sein eigentlicher Aufstieg setzte aber erst nach der dauerhaften Besetzung des Hunsrücks durch die Franzosen ein (1794). 1797 wurde er Empfänger für die Kriegsgelder im Kanton Simmern, 1798 Assessor beim Friedens- und Correctionsgericht Simmern (bis 1804). Daneben arbeitete er weiter als Buchbinder und Buchhändler und eröffnete später auch eine Leihbücherei.

Lorenz Rottmann hatte das Richter’sche Haus übernommen, das auf dem Fruchtmarktplatz, vor der Stephanskirche und nicht weit weg von der heutigen Fruchtmarktschule (Gaststätte „Galerie“ ), stand, und dort kam am 9. April 1799 seines einziges Kind aus der zweiten Ehe, Peter Joseph Rottmann, zur Welt. 1843 ist Rottmanns Elternhaus mit zwei weiteren Häusern abgerissen worden, weil der Fruchtmarktplatz vergrößert wurde. In den ersten Lebensjahren erlebte Peter Joseph mit, wie sein Vater mehr und mehr zu einer Amtsperson des französischen Staates wurde. 1804 besuchte Kaiser Napoleon Simmern, und der kleine Junge wird mächtig beeindruckt gewesen sein von dem Pomp und Aufwand, der alles, was man in Simmern in den Jahrzehnten zuvor erlebt hatte, in den Schatten stellte. Im Jahr darauf wurde sein Vater Erster Adjunkt der Mairie Simmern und Inspektor für die Instandhaltung der Gemeindestraßen. Da sich der neue Simmerner Unterpräfekt Baron von Closen als für seinen Posten unfähig erwies, musste der reguläre Simmerner Maire Chardon praktisch dessen Geschäfte führen und überließ die Regelung der Angelegenheiten der Mairie seinem Stellvertreter, dem Adjunkten Lorenz Rottmann. In dieser Zeit hat Peter Joseph viel gelernt, z.B. den Umgang mit bedeutenden Persönlichkeiten, was sich später bei den Besuchen des Kronprinzen oder des Königs in Simmern auszahlen sollte.

Peter Joseph Rottmann beschloss, beeinflusst vom guten Rat seines Vaters, selbst eine Beamtenkarriere einzuschlagen. Der Besuch einer Höheren Schule war ihm aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen, obwohl er in der von ihm besuchten sog. französischen Schule durch besondere Leistungen aufgefallen war. Zeitweise war er wohl auch von dem Lehrer Johann Heinrich Richter, einem Sohn aus der Ehe von Johann Wolfgang Franz Richter und Maria Wilhelmina geb. Apel, unterrichtet worden, doch starb dieser bereits 1808. Lorenz Rottmann konnte auf seine guten Beziehungen vertrauen, so dass es ihm gelang, seinem Sohn Peter Joseph 1813 eine Lehrstelle als Schreiber in der Unterpräfektur zu verschaffen.

Dr. Achim Baumgarten

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